Bernd Nagel
Rechtsanwalt für Erbrecht
und Vermögensnachfolge
Raschwitzer Str. 32
04416 Markkleeberg
Tel 0341 3584861
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Ein Beitrag von Bernd Nagel in der Zeitschrift "Nimm dir Zeit" in der Ausgabe vom August-Oktober 2015.
Viele leben heute in einer sogenannten „Patchwork"-Familie. Die kommt dann zustande, wenn nach einer Scheidung oder Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine neue Partnerschaft (als Ehe oder Lebensgemeinschaft) entsteht und Kinder aus früheren Beziehungen mitgebracht werden. Genauso wie sich bei der Trennung die rechtlichen Verhältnisse der Familienmitglieder ändern, entstehen aus einer neuen Verbindung neue, rechtlich relevante Beziehungen. Wer für den Todesfall seine Vermögensnachfolge planen möchte, stößt auf umfangreichen juristischen Regelungsbedarf. Dieser wird umso größer, wenn aus der neuen Verbindung weitere Kinder hervorgehen.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass „mitgebrachte" Kinder (juristisch: Stiefkinder) mit dem neuen Partner nicht verwandt sind. Nach dem gesetzlichen Erbrecht sind Stiefkinder weder erb- noch pflichtteilsberechtigt. Sollen die Stiefkinder erben, müssen Stiefvater oder Stiefmutter ein entsprechendes Testament oder einen Erbvertrag verfassen.
Im Gegensatz zum gerade beschriebenen Erbrecht (Zivilrecht) unterscheidet das Erbschaftsteuerrecht nicht zwischen leiblichen Kindern und Stiefkindern. Stiefkinder sind in derselben Steuerklasse wie leibliche Kinder und haben genauso Anspruch auf den Steuerfreibetrag i.H. von derzeit 400.000 EUR. Voraussetzung ist allerdings, dass der leibliche Elternteil und dessen Partner verheiratet oder eingetragene Lebenspartner sind.
Alleine diese feine juristische Unterscheidung zeigt, wie komplex die interessengerechte Gestaltung der Vermögens-nachfolge in einer Patchwork-Familie sein kann.
Bei der zivilrechtlichen Nachfolgeplanung unterscheidet man vereinfacht gesagt zwischen „einfacher", „doppelter" und „doppelter Patchwork-Familie mit auch gemeinsa-mem/n Kind/ern":
Sie leben als Vater oder Mutter in einer Patchwork-Familie und wollen wissen, ob Sie ein Testament bzw. einen Erbvertrag haben sollten? Dies lässt sich durch die Antwort auf folgende Frage klären: Sind meine Vorstellungen zur Erbverteilung durch die gesetzliche Erbfolge zu verwirklichen? Meist ist das nicht so. Dann besteht dringender Handlungsbedarf!
Aus der in Patchwork-Familien bekannten Situation „Meine Kinder, Deine Kinder, unsere Kinder" ergeben sich zahlreiche erbrechtliche Fragen etwa hinsichtlich der Gleichstel-lung aller Kinder, der Bevorzugung einzelner Kinder, der Sicherung des überlebenden Ehegatten/Partners, der unterhaltsrechtlichen Sicherung der Stiefkinder gegenüber dem alleinverdienenden Stiefelternteil, der Ausschaltung des externen Elternteils u.v.m.
Die dabei auftretenden Rechtsfragen sind so komplex, dass die Regelung der jeweiligen Interessenlage ohne die Hinzuziehung eines Erbrechts-Spezialisten regelmäßig nicht gelingen wird.